Countries accepting dual citizenship from GLOBALCIT database.
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Definitionen
Die folgenden Definitionen entstammen dem GLOBALCIT Glossary on Citizenship and Electoral Rights und wurden entsprechend angepasst.
Staatsbürgerschaft - Eine Rechtsstellung und Beziehung zwischen einer Einzelperson und einem Staat, aus der bestimmte gesetzlich verankerte Rechte und Pflichten hervorgehen.
Staatsbürgerschaft wird oft synonym für den Begriff Nationalität verwendet.Im Rahmen des IOM-Glossars wird der Begriff „Nationalität“ anstelle von „Staatsangehörigkeit“ verwendet, da dies dem Gebrauch im Völkerrecht entspricht. Auf nationaler Ebene werden häufig beide Begriffe – unter Umständen mit einer anderen Bedeutung – verwendet (vgl. IOM-Glossar: https://publications.iom.int/system/files/pdf/iml_34_glossary.pdf). Im Rahmen des GLOBALCIT-Glossars wird darauf verwiesen, dass die beiden Begriffe synonym gebraucht werden können. Auf dieser Themenseite wird jedoch der Begriff „Staatsbürgerschaft“ anstelle von „Nationalität“ verwendet, um darauf aufmerksam zu machen, dass die rechtliche Beziehung zwischen einer Person und einem Staat gemäß Völkerrecht auch bestimmte Rechte und Pflichten umfasst. Die beiden Begriffe unterscheiden sich aber insofern, als dass die Staatsbürgerschaft die in der nationalen Gesetzgebung verankerten Rechte und Pflichten bezeichnet, die sich durch die Nationalität ergeben. Je nach nationaler Gesetzgebung kann der Begriff Staatsbürgerschaft näher bestimmt werden, zum Beispiel vor dem Hintergrund der Rechte und Pflichten (z.B. Wahlrecht), die eine Einzelperson zum Zeitpunkt der Volljährigkeit besitzt bzw. jener, die nur auf dem Staatsgebiet ausgeübt werden können.
Doppelte Staatsbürgerschaft - Rechtsstellung einer Person in zwei (= doppelt) oder mehreren Staaten (= Mehrstaatigkeit). Die Mehrstaatigkeit kann zum Zeitpunkt oder nach der Geburt, wissentlich oder unwissentlich sowie mit oder ohne Einwilligung der jeweiligen Staaten erworben werden.
Der Begriff bezieht sich ausschließlich auf die Rechtsstellung einer Person, nicht aber auf ihre Rechte und Pflichten gegenüber einem Staat, in dem sie eine zweite oder dritte Nationalität besitzt, nicht aber ihren Wohnsitz hat.
Abstammungsprinzip (Ius sanguinis) - Die Bestimmung der Staatsbürgerschaft einer Person auf Grundlage der elterlichen Staatsbürgerschaft zum Zeitpunkt der Geburt oder zu einem späteren Zeitpunkt. Das Abstammungsprinzip (Ius sanguinis) beinhaltet sowohl das automatische als auch das nicht automatische Erlangen der Staatsbürgerschaft mit oder nach der Geburt.
Geburtslandprinzip (Ius soli) - Die Bestimmung der Staatsbürgerschaft einer Person auf Grundlage des Lands ihrer Geburt.
Das Geburtslandprinzip (Ius soli) beinhaltet sowohl das automatische als auch das nicht automatische Erlangen der Staatsbürgerschaft mit oder nach der Geburt.
Aktives Wahlrecht - Das Stimmrecht einer Person im Rahmen einer Wahl.
Passives Wahlrecht - Das Recht einer Person, sich im Rahmen einer Wahl sich als Kandidat bzw. Kandidatin aufstellen zu lassen.
Aktuelle Entwicklungen
Weltweite Entwicklungen im Bereich des Geburtsrechts
Weltweit wird die Staatsbürgerschaft auf Grundlage des Abstammungs- und Geburtslandprinzips verliehen. Die meisten Staaten vermischen Elemente beider Prinzipien. Alle Staaten, in denen das Geburtslandprinzip angewandt wird, verleihen in jedem Fall den im Ausland geborenen Emigrantenkindern die Staatsbürgerschaft. 51 Prozent aller Staaten weltweit verfügen für Kinder, die auf ihrem Gebiet geboren wurden und andernfalls staatenlos wären, über rechtliche Bestimmungen auf Grundlage des Geburtslandprinzips. In Europa handelt es sich um 88 Prozent, in Asien um 60 Prozent und in Afrika um lediglich 32 Prozent aller Staaten. Die Tatsache, dass auf diesen drei Kontinenten das Abstammungsprinzip anstelle des Geburtslandprinzips mehrheitlich angewandt wird, trägt hier zur Staatenlosigkeit bei (Bauböck, Honohan and Vink, 2018).
Doppelte Staatsbürgerschaft – ein weltweiter Trend
Bis in die 1960er-Jahre hinein galt die doppelte Staatsbürgerschaft völkerrechtlich und aus Sicht der meisten Staaten als problematisch. Heute jedoch erkennen immer mehr Staaten an, dass die doppelte Staatsbürgerschaft zwangsläufig eine Folge der Gleichberechtigung (d.h. Mütter und Väter können ihre Staatsbürgerschaft bei Geburt an ihr Kind weitergeben) und der transnationalen Migration (d.h. Migrantinnen und Migranten sowie ihre Kinder erlangen im Zielland die Staatsbürgerschaft und behalten ihre erste Staatsbürgerschaft) ist. In der Folge ist es weltweit immer unüblicher, dass Migrantinnen und Migranten als Bedingung für die Einbürgerung bei Erlangen der Staatsbürgerschaft im Zielland ihre erste Staatsbürgerschaft aufgeben müssen.
Im Jahr 2016 erkannten 66 Prozent von 175 Staaten die doppelte Staatsbürgerschaft von Auswanderern an, d.h. sie erlaubten es ihren Bürgerinnen und Bürgern, die Staatsbürgerschaft in einem anderen Land zu erlangen, ohne dadurch automatisch die Staatsbürgerschaft in ihrem Herkunftsland zu verlieren. Die doppelte Staatsbürgerschaft von Auswanderern hat in Amerika, Europa und Ozeanien schneller eine breitere Akzeptanz als in Afrika und Asien erfahren (Vink; De Groot und Luk, 2015). In 63 Prozent aller Staaten wird von Einwanderern nicht verlangt, dass sie ihre bisherige Staatsbürgerschaft bei der Einbürgerung aufgeben; 47 Prozent aller Staaten gewähren sowohl Aus- als auch Einwanderern die doppelte Staatsbürgerschaft. Von den 18 Prozent der Staaten, welche sowohl Aus- als auch Einwanderern die doppelte Staatsbürgerschaft verweigern, akzeptieren viele die doppelte Staatsbürgerschaft, wenn diese bei Geburt und nicht bei der Einbürgerung erlangt wurde.
Wahlrecht von Migrantinnen und Migranten auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene
Die Abschaffung von Einschränkungen auf der Grundlage von Rasse, Geschlecht oder Eigentum in den letzten 200 Jahren hat dazu geführt, dass das Wahlrecht in Amerika, den EU-Mitgliedsstaaten, Ozeanien und der Schweiz verallgemeinert wurde. Dennoch sind Migrantinnen und Migranten aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft oder ihres Wohnsitzes oft nicht wahlberechtigt. Weltweit ist verstärkt festzustellen, dass im Ausland lebenden Staatsangehörige bei nationalen Wahlen stimmberechtigt sind; Einwanderinnen und Einwanderer ohne Staatsbürgerschaft sind jedoch nur in Chile, Ecuador, Malawi, Neuseeland und Uruguay stimmberechtigt. In Europa und Amerika sind Einwohnerinnen und Einwohner, die nicht die Staatsbürgerschaft im Wohnsitzland besitzen, oft bei internationalen und regionalen Wahlen stimmberechtigt. Innerhalb der Europäischen Union können EU-Staatsangehörige an Lokalwahlen teilnehmen. Unabhängig von der Staatsbürgerschaft gewähren zwölf EU-Staaten, Norwegen, Island und acht lateinamerikanische Staaten allen Einwohnerinnen und Einwohnern das Wahlrecht auf regionaler Ebene (Schmid, Piccoli and Arrighi, 2019).
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Datenquellen
Die folgenden Daten wurden auf Grundlage von individualisierten Fragebögen, welche von landeskundigen Personen ausgefüllt wurden, im Rahmen der Initiative GLOBALCIT am Europäischen Hochschulinstitut (EUI) im italienischen Fiesole erhoben. Die frei zugänglichen GLOBALCIT-Datenbanken bieten politischen Entscheidungsträgern, Forschenden und der breiten Öffentlichkeit einen Überblick zu den Themen Staatsbürgerschaft und Wahlrecht.
GLOBALCIT ist für politische Entscheidungsträger, Nichtregierungsorganisationen und Forschende eine besonders umfangreiche Quelle zum Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft in Europa. Die Website umfasst Datenbanken zu nationalen und internationalen Rechtsnormen, Statistiken zum Thema Einbürgerung sowie Indikatoren im Zusammenhang mit Staatsbürgerschaft und Wahlrecht.
Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft
Im Rahmen der GLOBALCIT-Datensätze zum Erwerb und zum Verlust der Staatsbürgerschaft wurden nationale Einwanderungsgesetze überprüft und mit einer standardisierten Methodik beschrieben. Dieses Vorgehen ermöglichte internationale Vergleiche. Hinsichtlich des Erwerbs der Staatsbürgerschaft bei der Geburt oder der Einbürgerung werden nationale Einwanderungsgesetze nach 27 Gesichtspunkten unterschieden; im Hinblick auf den Verlust der Staatsbürgerschaft durch Verzicht oder Entzug sind es 15 Gesichtspunkte. Derzeit in der Datenbank enthalten sind 175 Staaten (Stand 2016) sowie europäische und amerikanische Staaten im Zeitraum von 2013 bis 2015.
Daten zum Abstammungs- und Geburtslandprinzip
Die GLOBALCIT-Indikatoren zum Geburtsrecht (Global Birthright Indicators) wurden anhand von Daten aus 177 Staaten (Stand 2016) erstellt. Ferner wurden auf der Grundlage nationaler Gesetzgebung von 42 Staaten (Stand 1. Januar 2016) Indikatoren zum Staatsbürgerschaftsrecht erstellt. Die Indikatoren beleuchten unter anderem die Anwendung des Abstammungs- und Geburtslandprinzips bei Geburt. Nicht beleuchtet hingegen wird die Anwendung des Geburtslandprinzips nach der Geburt, d.h. der Erwerb der Staatsbürgerschaft bei Geburt im staatlichen Hoheitsgebiet mit Erreichen der Volljährigkeit oder nach mehrjährigem Wohnsitz. Der Punktwert 0 bedeutet, dass keine Möglichkeit besteht, die Staatsbürgerschaft bei Geburt zu erlangen; der Punktwert 1 bedeutet, dass der Erwerb der Staatsbürgerschaft bei Geburt uneingeschränkt ist. Punktwerte auf der Skala zwischen 0 und 1 bedeuten, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft bei Geburt unterschiedlich freizügig geregelt ist.
Daten zur ordentlichen Einbürgerung
GLOBALCIT-Indikatoren zum Staatsbürgerschaftsrecht (CITLAW) (2017). Version 3.0 - Anhand dieser Indikatoren wird bemessen, wie stark die Zielgruppe einer rechtlichen Bestimmung gesellschaftlich eingebunden wird und wie viel Entscheidungsfreiheit sie vom Gesetzgeber erhält. Bei keinen oder besonders einschränkenden Bestimmungen zum Geburtsrecht, zur Einbürgerung oder zum Verzicht auf eine Staatsbürgerschaft beträgt der Indikator den Punktwert 0. Uneingeschränkte Rechtsanprüche oder besonders freizügige Bestimmungen spiegeln sich im Punktwert 1 nieder. Bei keinen Bestimmungen zum unfreiwilligen Verlust der Staatsbürgerschaft durch automatischem Ablauf oder Entzug beträgt der Punktwert 1; sofern besonders umfassende staatliche Befugnisse beim Entzug der Staatsbürgerschaft bestehen, beträgt der Punktwert 0.
Ziele nationaler Gesetzgebung im Bereich des Staatsbürgerschaftsrechts: erklärender Bericht zu den CITLAW-Indikatoren (Version 3.0) – Im Rahmen der CITLAW-Indikatoren werden bestimmte rechtliche Bestimmungen im nationalen Staatsbürgerschaftsrecht unterschiedlich gewichtet und anhand von Punktwerten im Hinblick auf ihre Freizügigkeit eingeschätzt. Somit wird untersucht, welche Ziele durch das nationale Staatsbürgerschaftsrecht verfolgt werden. Dieser erklärende Bericht kann herangezogen werden, um die Berechnung der CITLAW-Indikatoren nachzuvollziehen und Möglichkeiten für deren Verwendung aufzuzeigen.
Daten zum aktiven und passiven Wahlrecht
ELECLAW-Indikatoren: das aktive und passive Wahlrecht von im Inland und im Ausland lebenden Staatsangehörigen sowie von im Inland lebenden Nichtstaatsangehörigen Version 5.1 - Auf Grundlage qualitativer Daten zum Wahlrecht wird im Rahmen der ELECLAW-Indikatoren die gesellschaftliche Einbindung von drei Gruppen potenzieller Stimmberechtigter durch das aktive (VOTLAW) und passive (CANLAW) Wahlrecht bewertet: im Inland bzw. im Ausland lebende Staatsangehörige sowie im Inland lebende Nichtstaatsangehörige. Im Zuge der jüngsten Bewertung wurde das Wahlrecht sämtlicher EU-Mitgliedsstaaten und der Schweiz (Stand 2013 und 2015) sowie das Wahlrecht amerikanischer und ozeanischer Staaten (Stand 2015) bewertet.
Daten zur doppelten Staatsbürgerschaft
MACIMIDE Global Expatriate Dual Citizenship Dataset, Harvard Dataverse, Version 5 – Diese Datenbank umfasst die rechtlichen Bestimmungen von 200 Staaten im Zeitraum von 1960 (oder dem Zeitpunkt ihrer Unabhängigkeit) bis 2018 zum Verlust der bzw. den Verzicht auf die Staatsbürgerschaft beim freiwilligen Erwerb der Staatsbürgerschaft in einem anderen Land. In den Hintergrundmaterialien (Extended Codebook) sind die jeweiligen Gesetzesgrundlagen aufgeführt.
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Methodische Stärken und Schwächen
Die Forschung von GLOBALCIT beruht auf Rohdaten zur Staatsbürgerschaft und zum Wahlrecht, die nach Land aufgeschlüsselt sind und von Experten erhoben werden. Die Forschenden nehmen eine umfassende und weitreichende inhaltliche Bewertung des Staatsbürgerschafts- und Wahlrechts vor. Die Daten zur doppelten Staatsbürgerschaft (MACIMIDE Global Expatriate Dual Citizenship Dataset) sind nach Kategorien aufgegliedert und umfassen den Zeitraum von 1960 bis 2018. Dies erlaubt es, internationale Vergleiche zu ziehen sowie Muster und Entwicklungen aufzuzeigen. Die Datensätze zum Erwerb bzw. Verlust der Staatsbürgerschaft sowie zum aktiven und passiven Wahlrecht ermöglichen es den Nutzern, über die jeweiligen Indikatoren hinaus zu Länderberichten, weiterführenden Erklärungen und Gesetzesgrundlagen (in der Landessprache und auf Englisch) zu gelangen.
Bei den GLOBALCIT-Datensätzen zum Abstammungs- und Geburtslandprinzip handelt es sich nicht um Langzeitdaten; die entsprechenden Daten beziehen sich nur auf die Jahre 2011 (27 EU-Mitgliedsstaaten, 8 EWR-Mitgliedsstaaten sowie die EU-Beitrittskandidaten) und 2016 (anhand von 177 Staaten erhobene GLOBALCIT-Indikatoren zum Geburtsrecht). Die in den Jahren 2011 und 2016 erhobenen Datensätze zur ordentlichen Einbürgerung umfassen 41 europäische Staaten (27 EU-Mitgliedsstaaten, 8 EWR-Mitgliedsstaaten sowie die EU-Beitrittskandidaten). Die Datensätze zum aktiven und passiven Wahlrecht umfassen die 28 EU-Mitgliedsstaaten im Jahr 2013 sowie die 28 EU-Mitgliedsstaaten, die Schweiz sowie die amerikanischen und ozeanischen Staaten im Jahr 2015, d.h. die Tragweite des Datenmaterials ist begrenzt.
Weiterführende Literatur
2021 "Modes of acquisition and loss of citizenship around the world: Comparative typology and main patterns in 2020". GLOBALCIT Working Paper, EUI RSC, 2021/90.
Vink, M., A.H. Schakel, D.Reichel, N. C. Luk, G-R de Groot
2019 "The international diffusion of expatriate dual citizenship". Migration Studies 7, no. 3: 362-383.
Shachar, A., Bauböck, R., Bloemraad, I. and Vink, M., eds.
2017 The Oxford Handbook of Citizenship. Oxford University Press.
Honohan, I. and Rougier, N.
2018 "Global Birthright Citizenship Laws: How Inclusive?" Netherlands International Law Review 65, no. 3 : 337-357.
Schmid, S. D., Piccoli, L. and Arrighi, J.
2019 "Non-universal suffrage: measuring electoral inclusion in contemporary democracies." European Political Science: 1-19.
Arrighi, J. and Bauböck, R.
2017 "A multilevel puzzle: Migrants’ voting rights in national and local elections." European Journal of Political Research 56, no. 3: 619-639.
Diese Themenseite des Datenportals Migration ist ein Beitrag von GLOBALCIT, einer durch das Robert Schuman Centre for Advanced Studies am Europäischen Hochschulinstitut (EUI) koordinierten Initiative. Zu dieser Seite beigetragen haben Rainer Bauböck, Jelena Džankić, Lorenzo Piccoli und Maarten Vink.
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