Arbeitsmigration
2017 machten Wanderarbeitnehmer ca. 59 Prozent der internationalen Migrantenpopulation weltweit aus (ILO, 2018). Nationale Grenzen zu überqueren, um zu arbeiten, ist eines der wichtigsten Motive für internationale Migration, sei es aufgrund wirtschaftlicher Ungleichheiten, aufgrund von Arbeitssuche oder aufgrund von beidem. Die zusätzliche Wirkung wirtschaftlicher, politischer oder Umweltkrisen und sich verändernder Demografien mit alternder Bevölkerung in einigen Teilen der Welt und Jugend in der Überzahl in anderen trägt zu einem Anstieg der Arbeitsmigration bei (Ozel et al., 2017).
Definition
Es gibt keine international akzeptierte statistische Definition von Arbeitsmigration. Die Hauptakteure der Arbeitsmigration sind jedoch Wanderarbeitnehmer, die die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) folgendermaßen definiert:
“… alle internationalen Migranten, die aktuell in ihrem derzeitigen Aufenthaltsland beschäftigt sind oder arbeitslos sind und Beschäftigung suchen.” (ILO, 2015).
Die Statistikabteilung der Vereinten Nationen (UN SD) liefert auch eine statistische Definition ausländischer Wanderarbeitnehmer:
“Ausländer, die vom Aufnahmeland für den konkreten Zweck der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit aufgenommen werden, für die sie innerhalb des Aufnahmelandes eine Vergütung erhalten. Die Länge ihres Aufenthalts ist meist auf gleiche Art begrenzt wie die Beschäftigung, die sie ausüben. Ihre Familienangehörigen gehören, falls sie auch aufgenommen werden, ebenfalls zu dieser Kategorie.” (UN SD, 2017).
Obwohl Wanderarbeitnehmer häufig als internationale Migrantinnen und Migranten betrachtet werden, zählen nicht alle dazu (siehe Tabelle unten). Es ist wichtig, den Unterschied zwischen einem ausländischen Wanderarbeitnehmer und einem internationalen Migranten. zu beachten. Ein internationaler Migrant wird definiert als:
“jede Person, die ihr Land des üblichen Aufenthaltsorts ändert” (UN DESA, 1998).
Daten über den Bestand an internationalen Migranten basieren meist auf dem Geburtsland (wenn dieses vom Aufenthaltsland abweicht). Wo keine Informationen über im Ausland Geborene aus Volkszählungen erhältlich sind, basieren Daten über den Bestand an internationalen Migranten auf dem Land der Staatsangehörigkeit (UN DESA, 2016:4, UN SD, 2017). Bei der Definition von Wanderarbeitnehmern wird eher die Staatsangehörigkeit einer Person herangezogen als ihr Geburtsland (ILO, 2015).
Art der/des Migranten | Ist er/sie ein ausländischer Wander-arbeitnehmer? | Ist er/sie ein internationaler Migrant? |
---|---|---|
Staatsangehöriger des Aufenthaltslandes, der arbeitet und in einem anderen Land geboren wurde | Nein, da er/sie nicht zur Arbeitssuche übersiedelt ist | Ja, da das Geburtsland ein anderes ist als das Aufenthaltsland (siehe Definition in Bestand an internationalen Migranten) |
Person, die im jeweiligen Land geboren wurde und arbeitet, aber nicht die Staatsangehörigkeit des Landes besitzt | Ja | Nein |
Staatsbürger, der nach einer Zeit der Arbeit im Ausland zur Arbeit ins jeweilige Land zurückkehrt | Nein, da er die Staats-angehörigkeit des Herkunfts-landes hat | Ja, aufgrund des Wechsels des Aufenthaltslandes |
Grenzgänger (die in einem Land wohnen, aber in einem anderen arbeiten)* | Ja | Nein |
Konsularbeamter* | Ja | Nein |
Militärpersonal* | Ja | Nein |
Wesentliche Trends
Laut der ILO gab es 2017 weltweit geschätzt 164 Millionen Wanderarbeitnehmer (ILO, 2018). Fast die Hälfte (46,9 Prozent) der Wanderarbeitnehmer befindet sich in zwei großen Subregionen: Nordamerika und Nord-, Süd- und Westeuropa, wo sich 55,4 Prozent aller weiblichen und 40,9 Prozent aller männlichen Arbeitnehmer aufhalten. Der größte Anteil aller Wanderarbeitnehmer befindet sich in den arabischen Staaten (40,8 Prozent), während sich in Südasien der niedrigste Anteil aller Wanderarbeitnehmer befindet (1 Prozent) (ILO, 2018).
Von allen Wanderarbeitnehmerinnen und -nehmern sind 68,1 Millionen bzw. ca. 41,6 Prozent weltweit weiblich. Männer machen 95,7 Millionen bzw. 58,4 Prozent der Gesamtheit aus (ILO, 2018). Weltweit gibt es also mehr männliche Wanderarbeitnehmer als weibliche, jedoch mit bedeutenden regionalen Schwankungen.
Ungefähr acht Prozent aller Wanderarbeitnehmer im Jahr 2017 waren zwischen 15 und 24 Jahre alt (ebd.). Von den geschätzten 150,3 Millionen Wanderarbeitnehmern im Jahr 2013 waren 11,5 Millionen in Haushalten arbeitende Migrantinnen und Migranten (ILO, 2015).
Datenquellen
Daten zur Arbeitsmigration und zu Wanderarbeitnehmern werden auf mehrere Arten erfasst. Die fünf hauptsächlichen Datenquellen, die zur Messung der Ströme und des Bestands an Wanderarbeitnehmern herangezogen werden, sind:
- Volkszählungen;
- Haushaltserhebungen;
- Arbeitskräfteerhebungen;
- Administrative Quellen; und
- Statistische Quellen (ILO, 1994/5).
Administrative Quellen, die für die Messung von Wanderarbeitnehmerströmen verwendet werden, schließen die Messung neuer Einreise- oder Einwanderungsvisa, neu ausgestellte Arbeitsgenehmigungen für ein Land, administrative Einreiseregistrierungen an der Grenze und das Aufgreifen illegaler Grenzgänger ein (ebd.). Die Messung des Bestands an Wanderarbeitnehmern umfasst bestehende Einreise- oder Einwanderungsvisa, bestehende Arbeitsgenehmigungen für ein Land und den geschätzten Bestand an irregulären ausländischen Staatsbürgern.
Andere mit der Arbeitsmigration verbundene Messungen betreffen Personalbeschaffungskosten und Geldtransfers von Migrantinnen und Migranten. Das Streben nach niedrigeren Personalbeschaffungskosten kann ein Indikator für gut organisierte Arbeitsmigration sein, wie die nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) widerspiegeln (Ratha, 2014). Es ist schwierig, Geldtransfers von Migrantinnen und Migranten als Indikator für Arbeitsmigration in Ländern zu nutzen, die eine starke UN- und/oder Botschaftspräsenz oder große transnationale Konzerne haben, da das Einkommen von deren Mitarbeitern als Geldtransfers von Migrantinnen und Migranten registriert wird, was die entsprechenden Zahlen stark erhöht.
Datenerfassung auf globaler Ebene
Die ILO unterhält eine Online-Datenbank für Arbeitsstatistiken (ILOSTAT) sowie eine Sammlung von Arbeitskräfteerhebungen. Bei den Arbeitskräfteerhebungen handelt es sich um standardmäßige haushaltsbezogene Erhebungen von auf die Arbeit bezogenen Statistiken.
ILOSTAT deckt diverse mit der Arbeit in Zusammenhang stehende Themen ab, darunter auch Arbeitsmigration. Die Indikatoren zur Arbeitsmigration unterteilen sich in drei Unterthemen: Bestand an internationalen Migrantinnen und Migranten, Staatsbürger im Ausland und internationale Migrationsströme.
Zusätzlich hat die ILO für 2015 die globale Schätzung zu Wanderarbeitern erstellt, die globale Schätzungen, Schätzungen nach Ländereinkommensgruppe und regionale Schätzungen für Wanderarbeitnehmer liefern.
Die Statistikabteilung der UN sammelt demografische und soziale Statistiken zu mehreren Themen, darunter auch die Beschäftigung, stellt sie zusammen und verteilt sie.
Die Datenbank zu Einwanderern in OECD und Nicht-OECD Ländern (DIOC) stellt Daten basierend auf Volkszählungen von OECD-Ländern zusammen und hat die Abdeckung in Zusammenarbeit mit der Weltbank auch auf Nicht-OECD-Länder ausgeweitet. Diese Datenbank enthält Informationen über Arbeitsmarktergebnisse wie Arbeitsmarktstatus, Berufe und Tätigkeitssektoren. Die Datensätze decken die Jahre 2000–2001, 2005–2006 und 2010–2011 ab.
Die Integrated Public Use Microdata Series – International (IPUMS-I) sammelt und macht Volkszählungsdaten aus 85 Ländern zugänglich. Die Datenbank umfasst Bevölkerungsfragen, die sowohl die Erwerbsbevölkerung als auch Arbeitskräfteerhebungen betreffen.
Datenerfassung auf regionaler Ebene
Europa
Die Eurostat-Datenbank liefert umfassende, harmonisierte Arbeitskräftedaten aus 28 EU-Mitgliedsstaaten und fünf weiteren Ländern. Enthalten sind außerdem Daten zu Aufenthaltsgenehmigungen nach Grund, Gültigkeitsdauer und Staatsangehörigkeit einschließlich Gründe vergüteter Tätigkeiten (Beschäftigung). Ein Datensatz (migr_resocc) schlüsselt dies in die Kategorien hochqualifizierte Arbeitskräfte, Forscher, Saisonarbeiter und andere auf.
Afrika
In Zusammenarbeit mit der ILO hat die Afrikanische Union 2017 die erste Ausgabe der Studie Arbeitsmigrationsstatistiken in Afrika herausgegeben. Die Studie deckt die Arbeitsmigration innerhalb Afrikas für das Jahr 2015 ab, wobei hauptsächlich Volks- und Wohnungszählungen sowie demografische Prognosen und Arbeitskräfteerhebungen herangezogen wurden.
Asien
Die International Labour Migration Statistics Database (ILMS) in der Region des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) bringt offizielle staatliche Daten über den Bestand an internationalen Wanderarbeitnehmern und die Ströme innerhalb der Region sowie Informationen über Staatsbürger, die im Ausland leben und arbeiten, zusammen. Die verfügbaren Daten variieren, reichen aber von 1990 bis 2015.
Pazifik
International Labour Migration Statistics: A Guide for Policymakers and Statistics Organizations in the Pacific, erstellt von der ILO, der UN-Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und den Pazifik (UN ESCAP) und dem UN-Entwicklungsprogramm (UNDP), liefert einige Daten über die Arbeitsmigration in der Region. Enthalten sind außerdem Empfehlungen zur Verbesserung der internationalen Arbeitsmigrationsstatistiken und für die Erfassung von Daten durch Zählungen, Erhebungen und administrative Datenquellen.
Sonstiges
Die Internationale Migrationsdatenbank der OECD liefert eine jährliche Reihe zu Migrationsströmen und Migrantenbeständen in OECD-Ländern. Sie enthält auch Arbeitsmarktergebnisse von Zuwanderern von 2012 bis 2016.
Back to topStärken und Schwächen von Daten
Die Daten über die Arbeitsmigration sind hauptsächlich deshalb diffus, weil es schwierig ist, verlässliche Daten über Wanderarbeitnehmer zu erfassen. Laut dem Handbook for Improving the Production and Use of Migration Data for Development (2017) ist die Datenerfassung mit den folgenden Lücken und Herausforderungen konfrontiert:
- Fehlen qualitativ hochwertiger Daten einschließlich des Fehlens von Bevölkerungsgruppen, die von Interesse sind, uneinheitlicher Datenerfassungszeiträume oder der fehlenden Erfassung von Schlüsselmerkmalen
- Begrenzte Vergleichbarkeit der Daten aufgrund unterschiedlicher Konzepte, Definitionen und Messmethoden
- Fehlen einer Infrastruktur zur Datenverarbeitung in nationalen Institutionen oder an Grenzübergangsstellen
- Unzureichendes Fachwissen des Personals, das Daten erfasst oder analysiert
- Fehlen einer Infrastruktur für die Veröffentlichung wesentlicher Merkmale, Populationen oder Orte von Interesse
- Unzureichende Priorisierung der Arbeitsmigration in nationalen politischen Agenden und der damit verbundenen Budgetzuweisung.
Es gibt laufende Bemühungen um eine Vereinheitlichung internationaler Standards und gemeinsame Methodiken im Bereich der Datenerfassung zur Arbeitsmigration. Aktuell sind diese Standards und Methodiken je nach Land unterschiedlich, weshalb sich Daten nicht vergleichen oder kombinieren lassen.
Das Labour Migration Module der ILO liefert ein nützliches Instrument für die Erfassung zuverlässiger Daten über verschiedene Aspekte der Arbeitsmigration, darunter eine Reihe migrationsbezogener Fragen, die zu bestehenden Haushalts- und Arbeitskräfteerhebungen hinzugefügt werden können.
Literaturhinweise
ILO, OECD, World Bank | |
2015 | The Contribution of Labour Mobility to Economic Growth. September. Joint paper prepared for the G20 Labour and Employment Ministers’ Meeting. |
ILO | |
2018 | ILO global estimates on migrant workers: Results and methodology. International Labour Office, Geneva: ILO. |
Kagan, S. and J. Campbell | |
2015 | International Labour Migration Statistics: A Guide for Policymakers and Statistics, Organizations in the Pacific. EU/ESCAP/ILO/UNDP Project on Strengthening Capacity of Pacific Island Countries to Manage the Impact of Climate Change on Migration; ILO Office for Pacific Island Countries, Suva: ILO 2015. |
Ozel, M. H., et al. | |
2017 | Work. In: Handbook for Improving the Production and Use of Migration Data for Development (Global Migration Group (GMG)). Global Knowledge Partnership for Migration and Development (KNOMAD), World Bank, Washington, DC, p. 33-44. |
Ozel, M. H., et al. | |
2017 | Labour Markets. In: Handbook for Improving the Production and Use of Migration Data for Development (Global Migration Group (GMG)). Global Knowledge Partnership for Migration and Development (KNOMAD), World Bank, Washington, DC, p. 79-90. |